Science meets Practice
Spielerisch zu mehr Kundenbindung und höheren Umsätzen
Wie können Marketer sinnvolle digitale Erlebnisse für Kunden gestalten, um deren Aufmerksamkeit zu gewinnen?
11/2019
Mit Blick auf die Flut an Informationen in Form von Fotos, Videos und Tweets auf Plattformen wie Instagram, YouTube und Twitter beschäftigt diese Frage nicht nur die Marketingpraxis, sondern auch die Wissenschaft. Jüngste wissenschaftliche Literatur deutet darauf hin, dass Gamification – das heißt die Verwendung von Game-Design-Elementen in Nicht-Game-Kontexten – einen vielversprechenden Ansatz darstellt.
Ein prominentes Beispiel für den Einsatz von Gamification ist die Fitness- App Runtastic. Sie ermöglicht ihren Nutzern, Trainings zu dokumentieren, an Wettkämpfen teilzunehmen und Auszeichnungen, sogenannte Badges, zu gewinnen, die über Social-Media- Plattformen mit Freunden und Bekannten geteilt werden können. Auch viele andere Apps wie die Dating-App Tinder oder die Sprachlern-App Babbel nutzen Gamification, um das Kundenerlebnis zu verbessern.
Aber was ist der effektivste Weg, die Kundenbindung zu verbessern und den Umsatz durch die Anwendung von Gamification zu steigern? Wann funktioniert Gamification und warum? Diesen Fragen geht das Autorenteam um die Marketingprofessoren André Marchand und Martin P. Fritze von der Universität zu Köln in ihrem Forschungsbeitrag nach, der kürzlich im renommierten „International Journal of Research in Marketing“ erschienen ist.
Game-Design-Elemente
In einer ersten Studie mit Nutzern von Gesundheits- und Fitness-Apps identifizierten die Forscher zunächst eine Reihe von Game-Design-Elementen, die für die Verwendung der Apps von besonderer Bedeutung sind. Hierzu gehören beispielsweise das Fördern von sozialer Interaktion, etwa in Form von Social-Media-Sharing, sowie die Möglichkeit, den eigenen Fortschritt zu kontrollieren und zu dokumentieren. Zudem identifizierten die Forscher zwei psychologische Treiber, die für die Nutzung der Apps eine Rolle spielen: die Hoffnung, mit der App ein bestimmtes Ziel erreichen zu können, und den gefühlten Zwang, die App wiederholt zu verwenden.
Welche Elemente treiben den Umsatz?
Im nächsten Schritt führten die Forscher eine Feldstudie mit über 2 500 Nutzern einer bekannten Fitness-App durch. Ziel war es zu untersuchen, wie die identifizierten Elemente die Kundenbindung und den Umsatz innerhalb der App, zum Beispiel in Form von Upgrades, beeinflussen. Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass Gamification die Kundenbindung fördert und den Umsatz innerhalb der App steigert.
Hierbei spielen neben dem Fördern sozialer Interaktion insbesondere das Setzen erreichbarer Ziele und die Vergabe von Belohnungen, wie Badges, eine herausragende Rolle. Der Einsatz dieser Elemente weckt die Hoffnung der Nutzer, mit der App ein bestimmtes Ziel erreichen zu können, und motiviert sie, ihr Verhalten durch die App zu ändern. Damit widersprechen die Ergebnisse der oftmals in den Medien anzutreffenden Meinung, dass bestimmte Game-Design- Elemente die Nutzer nur süchtig machen, also ein Verhalten hervorrufen, das der Spielsucht nahekommt.
Schließlich führten die Forscher eine weitere Feldstudie mit über 200 Nutzern einer Dating-App durch. Die Ergebnisse dieser Untersuchung zeigten, dass die identifizierten Zusammenhänge auch in einem anderen Nutzungskontext gelten.
Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass Gamification nicht nur den Kunden hilft, mithilfe von Apps abzunehmen, eine Sprache zu erlernen oder Geld zu sparen, sondern auch ein effizientes Werkzeug für Marketer ist, um In-App-Käufe oder den Verkauf von Premium-Accounts zu fördern.
Schlüsselbotschaften
- Gamification steigert die Kundenbindung und App-Umsätze.
- Zentrale Gamification-Elemente sind soziale Interaktion, das Setzen erreichbarer Ziele und die Vergabe von Belohnungen.
- Gamification motiviert die Nutzer, ihr Verhalten zu ändern und langfristige Ziele zu erreichen.
Quelle: Eisingerich, Andreas B.; Marchand, André; Fritze, Martin P. & Dong, Lin (2019): Hook vs. Hope: How to Enhance Customer Engagement Through Gamification. International Journal of Research in Marketing, 36 (2), 200–215