Düsseldorf, 19. Dezember 2024
Was bleibt, was kommt?
Nach einem ereignisreichen und aufreibenden Jahr stehen den meisten von uns ein paar besinnliche und ruhige Tage bevor. Nutzen wir sie weise. Denn es gilt Kraft zu tanken, für das, was 2025 kommt.
Superwahljahr? War da was?
Genau, an dieser Stelle haben wir noch Ende August vom Superwahljahr 2024 geschrieben, das neben den Europa- und drei Landtagswahlen im Osten auch die US-Präsidentschaftswahlen aufbot. Der Ausgang ist bekannt. Was wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht wussten, ist, dass wir schon kurz nach dem Jahreswechsel erneut an die Urnen gerufen werden – zur vorgezogenen Bundestagswahl.
Das Wort „Ampel-Aus“ wurde auf der Zielgeraden des alten Jahres geboren und sogleich von der Gesellschaft für deutsche Sprache mit dem Prädikat „Wort des Jahres“ geschmückt. Wäre die Bundesregierung nicht just am Abend nach den US-Präsidentschaftswahlen zerbrochen, man hätte ansonsten ohne Weiteres das „Wort des Jahres“ 2023 („Krisenmodus“) wiederverwenden können.
Marketingagenturen tüfteln Wahlkampagnen aus
Nun also auf ein Neues, ab ins Superwahljahr 2025! Bei den Werbeagenturen – von Fischer-Appelt (CDU) über Jung von Matt (Grüne) bis zu Brinkert Lück (SPD) – glühen die Köpfe im Advent. Besonders herausfordernd dürfte die Aufgabe für die Strateg*innen von HeimatTBWA sein, die den Wahlkampf für die FDP inszenieren.
Doch zunächst ein Blick zurück: Neben den erwähnten Wahlen, die auch die Kommunikation von Unternehmen und Entscheidern abseits der Politik beeinflussten, war dieses Jahr abermals geprägt von großen Unsicherheiten: Im Schlepptau der Megakrisen – Ukrainekrieg und Krieg im Nahen Osten – verharrte die deutsche Wirtschaft in der Rezession. Zwei Jahre Abschwung in Folge, das gab es in der deutschen Nachkriegsgeschichte bislang nur einmal: in den Jahren 2002 und 2003.
Jahresausklang mit Streiks in der Wirtschaft
Die Konsequenzen zeichnen sich zum Ende dieses von Krisen geprägten Jahres mit dem angekündigten Abbau tausender Stellen, vor allem in der Automobil- und Zuliefererindustrie, ab. So klingt das Jahr mit Arbeitsniederlegungen aus.
Der Jahresrückblick von Claudio Montanini, Präsident Bundesverband Marketing Clubs (BVMC), fällt dementsprechend nüchtern aus: „2024 war von Verunsicherung und Kaufzurückhaltung geprägt. Es galt vor allem, beim Kunden Vertrauen zu gewinnen und zu festigen. Zudem waren alle auf der Suche nach den passenden Preisen und Rabatten.“ Eine Einschränkung macht Montanini aber doch: „KI erreichte in fast allen Bereichen des Marketings einen Marktreifegrad und wurde zum Tool.“
Künstliche Intelligenz war in der Tat in aller Munde. Wer sich einen Eindruck verschaffen will, auf welche vielfältige Weise KI in den Marketingabteilungen von Unternehmen eingesetzt wird, kann dies in der absatzwirtschafts-Interviewreihe „KI im Marketing“ nachlesen.
Sportereignisse als Signale der Hoffnung
Und dann war da noch der Sport. 2024 bot mit Olympia in Paris und der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland gleich zwei Mega-Events auf. Für einige Wochen sorgten „Brot und Spiele“ für Zerstreuung oder wenigstens Ablenkung.
Die Stadt der Liebe betrieb Eigenmarketing par excellence, angefangen mit einer einzigartigen „schwimmenden Eröffnungsfeier“ auf der Seine, inszenierte Paris seine touristischen Sehenswürdigkeiten auf ganz neue Art und Weise: Ob Place de la Concorde, Versailles, Grand Palais, Montmartre oder Trocadéro – sie alle wurden zu Sportstätten und zu Schauplätzen von großen Emotionen.
Schon früher im Jahr kamen die Fußballfans auf ihre Kosten. Auch wenn es kein neuerliches Sommermärchen werden sollte, so gelang es den Turnierverantwortlichen doch, weit über die zehn EM-Austragungsorte zwischen Stuttgart und Berlin hinaus, einen gewissen Zauber zu entfachen.
BVMC-Präsident Montanini ist überzeugt, dass davon auch die Kommunikationsbranche profitierte: „Die Fußball-EM war nicht nur ein sportliches und emotionales Highlight, sondern auch eines für das Marketing.“ Die offiziellen Sponsoren (Lidl & Co.) hätten ihr EM-Budget gut investiert und großartig performt. Selbst der DFB – in den vergangenen Jahren regelmäßig im Kreuzfeuer der Kritik – sei aus seinem Dornröschenschlaf aufgewacht und habe mit der kreativen Nominierungskampagne überrascht.
Ausblick 2025: „Markenführung wird zur Königsdisziplin“
Was bringt nun das neue Jahr? Claudio Montanini macht folgende Prognose: „Durchhalten im ersten Quartal, Durchstarten im zweiten Quartal und sanftes Beschleunigen im zweiten Halbjahr“, sagt er und ergänzt: „Zeit für Experimente haben wir nicht. Deshalb wird 2025 zum Playground der Profis.“
Dabei ist der BVMC-Präsident vorsichtig optimistisch: „2025 kann das Jahr der Marken und werden. Die ‚Marke als Anker unternehmerischer Nachhaltigkeit‘, wie es PwC in der gleichnamigen Markenstudie schreibt“, so Montanini. Dabei werde Markenführung zur Königsdisziplin.
Übrigens nicht nur für Unternehmer, sondern auch für politische Entscheider. Viele seien derzeit zu vorsichtig und nicht entscheidungsfreudig genug, was dazu führe, dass die Merkmale, für die Deutschland mal gestanden habe, langsam erodieren. „Deutschland als Marke, das steht für Qualität, Stabilität, Genauigkeit, Zuverlässigkeit, Ordnung, Leistung“ sagt Montanini. „Solange diese Werte noch nicht komplett verschwunden sind, sollten wir uns darauf zurückbesinnen.“
Wie schätzen Expert*innen die aktuelle Stimmung in der Marketingbranche ein?
Unser BVMC-ifo Marketing-Barometer gibt Auskunft.