Science meets Practice
Der Zero Moment of Truth
Die Digitalisierung hat die Customer Journey grundlegend verändert.
06/2020
den potenziellen Kunden in den stationären Handel treibt, wo er sich dann alleine oder mithilfe eines Verkäufers ein Produkt aussucht. Entscheidend ist heutzutage der Zero Moment of Truth, der Augenblick, in dem der Kunde ein Bedürfnis verspürt und anfängt, sich online über Produkte zu informieren, die dieses Bedürfnis befriedigen.
In Anbetracht der Fülle von Informationskanälen ist es für Marketer enorm schwierig geworden, den Zero Moment of Truth passend zu bedienen. Genau hier setzt die kürzlich im renommierten „Journal of Marketing“ erschienene Studie „Path to Purpose? How Online Customer Journeys Differ for Hedonic Versus Utilitarian Purchases“ der Forscher um Jingjing Li von der University of Virginia an.
In einer Analyse von Online-Käufen im Wert von 1,2 Millionen US-Dollar in 20 Produktkategorien untersuchen die Forscher über einen Zeitraum von zwei Jahren, wie Konsumenten Suchmaschinen, Produktseiten, soziale Medien, Produkt-Reviews und Webseiten mit Rabattangeboten im Verlauf der Customer Journey nutzen. Sie unterscheiden dabei zwischen hedonischen Produkten, die dem Konsumenten Genuss und Freude bereiten, wie etwa Spielzeug, und utilitaristischen Produkten, die eher einen praktischen Nutzen aufweisen, wie zum Beispiel Büromaterial.
Hedonische und utilitaristische Produkte
Die Ergebnisse zeigen, dass sich Konsumenten schon zwei Wochen vor dem Kauf hedonischer Produkte über Social-Media-Seiten und die Produktseite des spezifischen Einzelhändlers informieren. Im Gegensatz hierzu nutzen Konsumenten bei utilitaristischen Produkten zu diesem Zeitpunkt zunächst Produkt-Reviews. Unmittelbar vor dem Kauf kommen dann Suchmaschinen, Webseiten mit Rabattangeboten und Produktseiten anderer Einzelhändler zum Einsatz.
Demnach sollten Verkäufer von eher hedonischen Produkten vor allem in ihr Social-Media-Marketing investieren, da Konsumenten diesen Kanal mittlerweile konsequent für die Informationssuche verwenden. Aufgrund des affektiven Charakters hedonischer Käufe sollten Einzelhändler zudem die User Experience ihrer Produktseiten im Blick haben. Konsumenten, die häufig die Produktseite besuchen, können durch Coupons effektiv zum Kauf bewegt werden.
Verkäufer von utilitaristischen Produkten sollten hingegen Benchmark-Analysen anwenden, um zu verstehen, ob ihre Preise über oder unter den Marktpreisen liegen und was potenzielle Kunden sehen und erleben, wenn sie nach ähnlichen Produkten suchen.
Benchmarking-Tools, die eine Echtzeitanalyse von Metriken, Sonderangeboten und Produktbewertungen liefern, sind hilfreich. Da Konsumenten kurz vor dem Kauf utilitaristischer Produkte verstärkt Suchmaschinen nutzen, spielt für Anbieter das Search Engine Marketing eine besondere Rolle. Da SEO den organischen Traffic am Anfang, SEA jedoch die Conversion gegen Ende der Journey erhöht, sollte SEA gegenüber SEO der Vorrang eingeräumt werden. Anbieter utilitaristischer Produkte sollten Schlüsselwörter wählen, die sich mehr auf die Produkteigenschaften und -vorteile beziehen, da entsprechenden Käufen in der Regel mehr Produktvergleiche vorausgehen.
Schlüsselbotschaften
- Der Kauf hedonischer und utilitaristischer Produkte geht mit unterschiedlichem Informationsverhalten einher.
- Anbieter hedonischer Produkte sollten sich auf Social-Media-Marketing und die Optimierung der User Experience ihrer Produktseiten fokussieren.
- Für Anbieter utilitaristischer Produkte spielt SEA eine herausragende Rolle.
Quelle: Li, J., Abbasi, A., Cheema, A. & Abraham, L. B. (2020). Path to Purpose? How Online Customer Journeys Differ for Hedonic Versus Utilitarian Purchases. Journal of Marketing